Salzburger Fusseln


Die hier auf Videostills zu erkennenden minimalen Zeichnungen des in Berlin lebenden Künstlers Thorsten Streichardt entstanden vor zwei Jahren im Rahmen eines Salzburg-Aufenthalts. Streichardt, der zuvor stärker in skupturalen und installativen Modi an so etwas wie einer Pathologie des Bürokratismus gearbeitet hat, interessiert sich für Zeichnung als ein psychophysisches Medium der Welterfahrung, das er in bewusst regressiver Geste mit dem und gegen das von ihm gleichzeitig verwendeten technischen Bildmedium Video einsetzt. Wie in einer Karikatur des postmodernen Gemeinplatzes Kamera-als-Phallus/Kamera-als-Gewehr bastelt er hier Kamera und Zeichenstift zusammen, und so sind Zeichnung und Aufzeichnung aufs Innigste miteinander verbunden. Mit dieser Vorrichtung bewehrt macht sich Streichardt in die Reste öffentlichen Stadtraums auf, die es an einem Ort wie Salzburg noch geben mag, bringt kaum sichtbar fusselartige Bleistiftmarkierungen an und entfaltet den semantischen Raum des Zeichnens und Bezeichnens – wird dabei aber (nicht gänzlich unerwartet) nach wenigen Minuten von den Repräsentanten staatlicher Ordnungsmacht gestört.