Vogelmen Diaries – Das Melton Prior Institut präsentiert “special artists” (Ausstellung)


Mit „Vogelmen Diaries” wird erstmalig die breite Forschungsarbeit des Melton Prior Instituts auf dem Gebiet der Reportagezeichnung im Rahmen einer Ausstellung vorgestellt. Zentrales Thema ist das zukunftsweisende künstlerische Selbstverständnis vieler früher Pressegrafiker. Die multiplen Rollen, die sie einnahmen, changierten zwischen nüchterner grafischer Berichterstattung, karikaturesker Polemik und fiktionaler Illustrationskunst. Viele waren auch, wie z.b. der einflussreiche Pressezeichner William Simpson, als Literaten und Forscher tätig. Der Titel bezeichnet zum einen die ambulanten und volatilen Aufzeichnungsweisen dieser Künstler, aber auch den halluzinogenen Grenzbereich zwischen Faktizität und Fantastik, in dem viele der gezeigten Arbeiten angesiedelt sind. Das Aufgabenspektrum und interdisziplinäre Selbstverständnis des “special artist” – so wurden die Reportagezeichner in der Frühzeit des Illustriertenwesens  genannt – steht einer heutigen kontextbezogenen Kunstpraxis erstaunlich nah.

Stefan Heller: Vogelmen Diaries-Trailer, 2012 (Still)

Zu den zentralen Werken der  Ausstellung gehört das 1982 entstandene Titel spendende 53-teilige Bildpoem „Pedestrian Views / The Vogelman Diary“ von Robert Weaver, in dem der 1994 verstorbene Künstler auf vielschichtige Weise illustrationsspezifische, philosophische und autobiografische Fragestellungen miteinander verwoben hat, sowie die phantastischen Cartoonserien des aus Landau in der Pfalz stammenden “special artist” Thomas Nast, der mit seinen grafischen Kampagnen im Amerika der Nach-Bürgerkriegsära zum politisch wirkungsmächtigsten Künstler der Neuzeit avancierte. Der  britische Reportagezeichner und Illustrationshistoriker Paul Hogarth – ein Nachfahre des legendären William Hogarth – ist mit seinem frühen Griechenlandskizzenbuch “Defiant People” von 1953 repräsentiert, in dem der politisch engagierte Künstler die prekäre Situation des von ausländischen Machtinteressen und inländischer Militärdiktatur bedrohten Landes in der initialen Phase des kalten Kriegs festgehalten hat.

In der Ausstellung treten historische Werkreihen in einen Dialog mit aktuellen Arbeiten, wie z.b. der topografischen Bilderserie “Hemelsbreed / As the crow flies” des niederländische Archäologen, Malers und Nahostexperten Theo de Feyter oder dem Zeichnungszylus “Hide and Seek for Two Grand a Week” der kanadischen Künstlerin Susan Turcot, der die Erlebnisse, Beobachtungen und Träume von Wanderarbeitern visualisiert, die im hochgefährlichen Geschäft des Ölsandabbaus tätig sind.

Susan Turcot: aus “Hide and Seek for Two Grand A Week”, 2012

Anonymer Pressezeichner: Luftschiffahrt III, 1894 (MePri-Collection)

Featuring: Thomas Nast, Robert Weaver, Theo de Feyter, Stefan Heller, Paul Hogarth, Saul Leiter und Susan Turcot Des Weiteren: Émile Cohl, Johann Wolfgang von Goethe, Constantin Guys,  Monogrammist R.D., Theodor Kaufmann, Fritz Koch- Gotha, Willibald Krain, Eugen Krüger, Hans Liska, Melton Prior, Joseph Pennell, Lili Rethi, Theodor Rocholl, William Simpson, Paul Renouard, Albert Robida, František Kupka, Thomas Walch ….

Heidelberger Kunstverein, 17. November 2012 – 27. Januar 2013  (Eröffnung: 16. November, 19 Uhr)

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