“Caricatures.” Der französische Humor in Teutschland (Ausstellung / Katalog)


In gemessenem Abstand zum Anschlag auf Charlie Hebdo meldet sich Wilhelm Busch – Deutsches Museum für Karikatur und Zeichenkunst (1), kurzum: das ehemalige Wilhelm-Busch-Museum, mit einer aus über 190 Blättern bestehenden Überblicksschau zur Geschichte der französischen Karikatur, die unter dem altertümlichen Titel Caricatures. Spott und Humor in Frankreich von 1700 bis in die Gegenwart im herrschaftlichen Ambiente des Hannoveraner Georgenpalais läuft. Empfangen wird der Besucher von Lakainen, die der anarchistischen Ausrichtung der jüngeren Pariser Karikaturbewegung entsprechend als Polizisten kostümiert sind. Mit ihren Maschinenpistolen sollen sie offenbar für den fehlenden Nervenkitzel sorgen.

Die Ausstellung läuft noch bis zum So 06.11.2016. Es soll auch ein Katalog erscheinen mit einer Einführung der Direktorin Gisela Vetter-Liebenow (die eine Initiatorin des verdienstvollen Charlie-Hebdo-Erklärportals “Museen für Satire.com” war), sowie Beiträgen von Ursula E. Koch und Rolf Reichardt und einem Interview mit Asiem El Difraoui.

(1) Ein bemerkenswertes Bekenntnis zu einem hierarchischen Kunstverständnis, bemerkenswert vor allem für eine Museum, das sich auf einen Illustrationsgrafiker bezieht.

Zu den herausragenden Exponaten zählen:

André Gill: Monsieur X … ?, L´Eclipse, Paris, 9 August 1868
André Gills Katz-und Mausspiel mit den Zensoren war legendär. Gemeinsam mit seinem Freund, dem anarchistischen Autor Jules Vallés kam er auf die Idee, auf dem Cover seines neuen Journals einen Gegenstand abzubilden, in dem sich unmöglich Jemand wiedererkennen könne. In dem ausgewählten Kürbis verbarg Gill allerdings die Gesichtszüge eines verhassten Zensors, der dem Gemüse prompt durch eine Anklage wegen Obszönität zu notorischer Prominenz verhalf.

Jean Veber: L´impudique Albion, L´assiette au beurre, Paris, 28 September 1901 
Daß es Vebers anglophobes Album auf eine beispiellose Auflagenhöhe von 250 000 bringen konnte, lag an einem Straßenverkaufsverbot, der wegen des despektierlichen Porträts des englischen Monarchen Edouard VII auf der Rückseite des Hefts verhängt worden war. In den folgenden zwölf Neuauflagen verdeckte man das Gesäß der englischen Symbolfigur Albion mit transparenten Dessous.

Vuillemin: Brexit, profitez-en !…, Charlie Hebdo N°1248, Paris, 22 Juni 2016

Auf diesem Titelblatt von Charlie Hebdo wurde aus Vebers Edouard VII dessen uralte Urenkelin Elisabeth II, aus Brexit – Gründen.